Beitrag von Dr. Romana Rebbelmund
Der Geburtstag von Behrens jährt sich am heutigen Samstag, den 14. April 2018, zum 150sten Mal. Das passende Geburtstagsgeschenk findet sich in unserer Ausstellung zu seinen Ehren: Die Wuppertaler Pianoforte-Fabrik RUD. IBACH SOHN arbeitete seit den 1880er Jahren gerne mit bedeutenden zeitgenössischen Künstlern und Architekten zusammen, indem sie deren Entwürfe für Konzertflügel und Pianinos (aufrecht stehende Klaviere) umsetzte. Unter diesen Persönlichkeiten befand sich auch Peter Behrens. Er gestaltete für Ibach ein Pianino und einen Konzertflügel, die jeweils in zwei Farbvarianten – mit hellerem oder dunklerem Holz – umgesetzt wurden. Von den Instrumenten haben sich jeweils zeitgenössische Fotografien und auch entsprechende Unterlagen im Archiv der Firma Ibach erhalten. Die spektakulären Flügel und Klaviere wurden in Musterwohnräumen von Luxuswarenhäusern oder auf Landesschauen deutschlandweit präsentiert und von der damaligen Kunstkritik in Zeitungen und (Fach-)Zeitschriften entsprechend gewürdigt. Leider jedoch war es das Schicksal der vier eindeutig angefertigten Instrumente, nach deren öffentlicher Präsentation zu verschwinden. Es lassen sich heute manchmal eine, manchmal auch zwei Stationen ihres Weges rekonstruieren, danach verliert sich jeweils die Spur.
Durch eine überaus glückliche Fügung wurde dem MAKK im Januar 2017 für die Ausstellung zum 150. Geburtstag von Behrens eine außerordentliche Leihgabe aus einer Privatsammlung angeboten: Es handelt sich um ein Pianino, das bis dato – wie gerade beschrieben – als verschollen galt. Der Nachweis, dass es sich um eines der Behrens-Klaviere handelt, ist eindeutig: Es trägt die Modell-Nummer 48068. Im Ibach-Archiv findet sich der Hinweis, dass dieses Instrument am 25. März 1905 an das Berliner Kaufhaus Wertheim ausgeliefert worden war. Dort war es Teil eines Wohnzimmer-Ensembles, das komplett von Peter Behrens gestaltet worden war. Eine Besprechung des Wohnzimmers und auch zwei Fotos finden sich im 16. Band der Zeitschrift „Deutsche Kunst und Dekoration“ von 1905. Was aus dem Klavier wie auch der Wohnzimmereinrichtung nach der Ausstellung geworden ist, liegt bis heute im Dunkeln. Allein das Klavier kann nun in unserer Ausstellung zum ersten Mal nach 113 Jahren wieder bewundert werden. Und es gibt einiges zu bewundern!
Das Pianino wirkt auch aus heutiger Sicht unglaublich modern. Es hat einen komplett schlichten, rein rechtwinklig gehaltenen Körper – ohne irgendwelche hervortretenden Elemente. So ist es z.B. bei „normalen“ Klavieren üblich, dass der obere Deckel etwas hervortritt, um ihn leichter öffnen zu können. Behrens hat dafür eine andere Lösung gefunden, da ein vorragender Deckel seine geradlinige Silhouette gestört hätte: Der Deckel rastet hinter dem oberen Rahmen ein und kann mit einem eingelassenen Messingring leicht geöffnet werden. Auch der Schmuck des Instrumentenkörpers ist bemerkenswert. Zu damaliger Zeit „verzierte“ man Klaviere gerne mit kleinen Säulen oder Halbsäulen, mit dekorativen Füllungen oder Ähnlichem. Behrens wählte rein geometrische Ornamente für die Oberflächengestaltung: auf der oberen Vorderfront Kreise, Halbkreise, Quadrate und Rechtecke, die jeweils miteinander kombiniert sind, und auf dem gesamten Instrument ungefüllte Rechtecke, die die Form des Klaviers betonen. Diese schlichte und harmonische Gestaltung macht den Entwurf zeitlos schön, so dass man ihm seine Entstehungszeit Ende 1904, Anfang 1905 tatsächlich nicht ansieht.
Dass das Pianino nun in der Ausstellung (bis zum 1. Juli 2018) bewundert werden kann, ist ein wahrer Glücksfall. Peter Behrens hätte es sicher gefreut!
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