Dr. Patricia Brattig ist Kuratorin für Mode, Textil, Keramik und Glas des Museums für Angewandte Kunst Köln. Seit 2002 kuratiert sie regelmäßig Modeausstellungen im MAKK, zuletzt `LOOK! Modedesigner von A bis Z´ 2015/16.
Die Ausstellung LOOK! Modedesigner von A bis Z präsentiert Neuerwerbungen der Modesammlung des MAKK. Wie entstand das Konzept des Designer-ABC?
Wir wollten nach unserer letzten Modeausstellung, `Istanbul Fashion – Aktuelle Mode aus der Türkei´ (2010 – 2011) generell wieder Mode im MAKK präsentieren und dabei den Fokus auf unsere eigene Modesammlung richten. Da die empfindlichen textilen Objekte aus konservatorischen Gründen nur kurzfristig ausgestellt werden können, war es uns ein Anliegen, unsere Modesammlung für eine kurze Zeit wieder zu aktivieren und somit in Erinnerung zu rufen. Dabei lag es nahe, den Schwerpunkt auf Objekte zu legen, die bislang noch nicht ausgestellt oder publiziert worden waren, darunter zahlreiche Neuerwerbungen auch aus der jüngsten Vergangenheit. Das Designer-Alphabet bot uns hierfür den größten Spielraum an und die Freiheit, möglichst viele unterschiedliche Entwürfe zu präsentieren. Wir führen den Besuchern eine bunte Bilderfolge vor, die – ausgehend von den späten 1960er Jahren bis heute – diverse modische Positionen und Kleidertypen wie beispielsweise das Abendkleid, das Kostüm, das T-Shirt oder den Wintermantel beinhaltet. Dabei streben wir selbstverständlich keine enzyklopädische Darstellung der modischen Entwicklung der vergangenen Jahre an; dies würde den Rahmen angesichts der Stilpluralität im Modedesign deutlich sprengen.
Wie lange haben Sie und Ihr Team an der Vorbereitung und Realisierung der Ausstellung gearbeitet?
Von der ersten Konzeption der Ausstellung bis zur Fertigstellung hat das Team gute zwei Jahre an dem Projekt gearbeitet.
Eigens für die Ausstellung wurden Vitrinen angefertigt. Denkt man jedoch an die letzte Modeausstellung Istanbul Fashion des MAKK, zurück oder auch an die Lagerfeld-Schau in der Bonner Bundeskunsthalle, so wurden hier die Exponate frei im Raum präsentiert. Worin liegt der Unterschied?
Nur zu gern hätten wir die Exponate der Istanbul Fashion-Ausstellung auch in Vitrinen präsentiert, um diese insbesondere vor Verschmutzung und vor dem Zugriff der Besucher zu schützen. Doch waren die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel leider begrenzt. Die beteiligten Designer wurden darüber informiert, dass die Kleider frei ausgestellt werden und nach der mehrwöchigen Ausstellung zwangsläufig gereinigt werden müssen. Für die meisten war dies kein Problem. Auf den Modenschauen wird den Kleidern oft noch viel mehr abverlangt, das gehört sozusagen zum Geschäft. Bei historischen Exponaten jedoch, die nicht mehr seriell hergestellt werden und bisweilen sozusagen nur noch als Unikate existieren, ist eine nachhaltige, das heißt objektgerechte Präsentation vonnöten, um die Objekte für die Zukunft in einem guten Zustand zu bewahren. Deshalb haben wir uns entschieden, neue Vitrinen zu entwerfen und bauen zu lassen, die wir immer wieder für kommende Modeausstellungen einsetzen können. Die Vitrinen lassen sich nämlich platzsparend auseinander montieren und lagern. Sie gewährleisten, dass die Objekte vor Staub und Berührungen geschützt die Laufzeit einer Ausstellung gut überstehen.
Ein Exponat fällt aus dem Rahmen: das T-Shirt der Kollektion `Karl Lagerfeld für H&M´. Man könnte sich fragen, ob ein H&M-Shirt in ein Museum gehört.
Das T-Shirt von Karl Lagerfeld für H&M gehört durchaus in eine museale Modesammlung wie diejenige des MAKK. Mit diesem auf dem ersten Blick einfach wirkenden T-Shirt hat Lagerfeld tatsächlich wieder einmal Modegeschichte geschrieben. Warum es so wichtig für uns ist, kann man in unserem aufwendig bebilderten Katalog umfänglich nachlesen.
Wie groß ist die Modesammlung des MAKK? Gibt es einen riesigen Kleiderschrank oder wie werden die Objekte verwahrt?
Die Modesammlung des MAKK umfasst mittlerweile über 1.500 Inventarnummern, hinter denen sich diverse Objekte wie Kleider, Anzüge, Mäntel und Accessoires wie Hüte, Handschuhe, Schuhe und Modeschmuck verbergen. Im dritten Obergeschoß des Museums ist das große Textildepot inklusive den Werkstätten untergebracht, wo die Objekte fachgerecht gelagert werden. Es gibt tatsächlich einen riesigen Kleiderschrank, einen großen fensterlosen Raum, in dem mehrere lange Kleiderstangen bis unter die Decke mittels Motor hochgefahren werden können, so dass darunter noch weitere fahrbare Kleiderstangen Platz finden. Besonders empfindliche Objekte, zum Beispiel schwere Tanzkleider der 1920er Jahre, die mit Glassteinen und Pailletten bestickt sind, können nicht hängend aufbewahrt werden und müssen in säurefreien Kartonagen liegend in einem Regal verpackt werden.
Sie sind seit September 1998 im MAKK tätig. Welches war Ihre erste Modeausstellung im Haus?
Meine erste Modeausstellung am Museum für Angewandte Kunst war `Mode der 1950er Jahre – Schenkung Else und Ingeborg Heiliger´, die 2002 gezeigt wurde.
Gibt es bereits Ideen oder Wünsche für die nächste Modeausstellung im MAKK?
Es gibt bereits etliche weitere Ideen für Modeausstellungen im Museum für Angewandte Kunst Köln, aber die werden noch nicht verraten! Schließlich muss es ja noch Überraschungen geben. Wünsche haben wir ebenfalls noch viele, zahlreiche Desiderate – insbesondere hinsichtlich spektakulärer Modeentwürfe namhafter Designer – die hoffentlich über kurz oder lang erfüllt werden.
Eine Übersicht über die von Patricia Brattig kuratierten Modeausstellungen im MAKK:
- „Mode der 1950er Jahre – Schenkung Else und Ingeborg Heiliger“, 1. Februar bis 16. Juni 2002
- „in. femme fashion 1780 – 2004. Die Modellierung des Weiblichen in der Mode“, 19. Oktober bis 14. Dezember 2003
- „Mode & Design aus Island“, 19. November 2005 bis 29. Januar 2006
- „16 x Yves Saint Laurent. Neuerwerbungen der Modesammlung“, 9. Februar bis 30. März 2008
- „Istanbul Fashion – Aktuelle Mode aus der Türkei“, 6. November 2010 bis 30. Januar 2011
- „LOOK! Modedesigner von A bis Z. Die Sammlung des MAKK“, 19. September 2015 bis 28. Februar 2016
alle Fotos © Rheinisches Bildarchiv Köln / Marion Mennicken
Sehr interessanter Artikel. Hoffe Sie veröffentlichen in regelmäßigen Abständen solche Artikel dann haben Sie eine Stammleserin gewonnen. Vielen dank für die Informationen.
Gruß Anna