„Das Ornament beschäftigt mich seit langer Zeit und hat einige meiner frühen Arbeiten beeinflusst“, so die Düsseldorfer Künstlerin Vera Lossau (* 1976). Die erste Preisträgerin des LVR Frauenkulturpreises für bildende Kunst (2014) geht in ihrer zweiteilige Ausstellung `Eine kurze Geschichte der Löcher´ der Frage nach, was ein Loch, ein Ornament und eine Schlaufe gemeinsam haben. Ihre Antwort liefert sie mit ihren Arbeiten sowohl im MAKK als auch im LVR Industriemuseum Zinkfabrik Altenberg in Oberhausen. Für ihre Arbeiten zog sie unteranderem Texte von Tucholsky und Lacan hinzu. „Aber eigentlich gehe ich stärker vom Visuellen aus. Ich denke, das Thema der Löcher ist sehr weit und poetisch“, erklärt Vera Lossau. In ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema umkreist sie zwei verschiedene Ausprägungen der Löcher: „Es gibt eine gewaltsame, an Krieg und Verletzung erinnernde Assoziation.“ Diese wird zum Beispiel durch den Abguss einer Beschussplatte behandelt – ein Original im Industriemuseum. „Zugleich gibt es natürlich auch das Verspielte, Schönheit zelebrierende `Loch´, das ich in den Formen und Ornamenten in der Sammlung des MAKK vorfand.“
In Vorbereitung ihrer Arbeiten für das MAKK, besuchte sie mehrfach die Dauerausstellung und machte zahlreiche Fotos. „Ich bin fasziniert von der Vielfalt der Ornamentik und der edlen Materialien der Sammlungsobjekte.“ Aus ihrer intensiven Recherche im Museum entstand eine konzeptuelle Arbeit, in der sie diese Vielfalt zu einem Motiv kondensiert: die Möbiusschleife. Dies ist eine mathematische Fläche, ohne Oben und Unten, ohne Innen und Außen. Fährt man mit einem Finger an ihrer Kante entlang, so wird man sie einmal vollständig erfassen, also überall berühren, ohne den Finger auch nur einmal abzusetzen. „Für mich stellt die Möbiusschleife den kleinsten gemeinsamen Nenner aller Ornamente dar“, erläutert die Künstlerin. Schon Max Bill war von dieser Form fasziniert und setzte sie in den 1930er Jahren skulptural um. Vera Lossau fügt der Möbiusschleife eine weitere Dimension hinzu. „Meine modellierten und aus Polyurethan gegossenen Formen überziehe ich mit mehreren `Kipplacken´, die je nach Lichteinfall farblich changieren.“ Dadurch betont sie den Verlauf dieser unendlichen Form und bezieht den Betrachter in ihr Werk ein. Denn je nach Standpunkt verändert sich der Farbverlauf der Plastik, was ihr zugleich einen Ausdruck von Belebtheit verleiht. Assoziationen mit schimmernden Käferpanzern, wie sie in Schmuckstücken des 19. Jahrhunderts eingesetzt wurden, und mit den farbigen Lüstern von Jugendstilglas werden geweckt. Vera Lossau strebt in ihrer Arbeit nach Ordnung und Klarheit, die sie in ihrer ortsspezifischen Installation im MAKK durch ihre Reduktion auf das vielschichtige Motiv der Möbiusschleife erreicht.
Die zweiteilige Ausstellung `Vera Lossau – Eine kurze Geschichte der Löcher´ ist vom 16. April bis 31. Juli 2016 im MAKK und zugleich vom 23. April bis 3. Juli 2016 im LVR-Industriemuseum Zinkfabrik Altenberg in Oberhausen zu sehen.